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Soziale Tugenden

Zur Gestaltpsychologie von Hingabe, Dankbarkeit, Staunen, Vergebung, Vertrauen und Aufrichtigkeit schreibt Giuseppe Galli:

„Wenn wir von Tugenden sprechen, so denken wir üb-licherweise an Eigenschaften einer Person, ‚die in sich selbst ruht‘, an ‚Seinsweisen‘ eines einzelnen und nicht so sehr an ‚das Miteinander‘ mehrerer Personen. Durch die Hinzufügung des Beiwortes ‚sozial‘ soll unterstri-chen werden, dass die genannten Verhaltensweisen ei-nen gleichermaßen konstitutiven Wert für die zwi-schenmenschliche Beziehung haben wie die Faden ei-nes Gewebes für den Stoff. Anders ausgedrückt sind Aufrichtigkeit, Vertrauen, Hingabe, Staunen oder Dankbarkeit Grundhaltungen, die sozusagen jene ‚Trägerstruktur‘ bilden, die einzelnen Ereignissen im menschlichen Zusammenleben Gehalt und Farbe verleihen.„

Der Gestalttheorie zufolge leiten sich die Verhaltensweisen jedoch „immer von der Beziehung zwischen dem Individuum und der konkreten Situation des Betreffenden ab. Ein solcher Ansatz unter-scheidet sich von dem monopersonalen Ansatz, bei dem der Akzent ausschließlich auf das innere Erleben des Individuums gelegt wird, während die Faktoren der Umgebung vernachlässigt werden. […] Der monopersonale Ansatz beschränkt das Beobachtungsfeld auf eine einzelne Person und konzentriert sich auf die inneren Faktoren, die als eine Art Wesenskern verstanden werden, die den Betreffenden in die Lage versetzen, kontinuierlich und unabhängig von der Situation oder der Art des Partners zu handeln.“ (Galli 2005, 12f)

„Beim Feldansatz liegen die dynamischen Faktoren nicht nur im Innern der Person, sondern auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen und in den Rollen, die den einzelnen zukommen.“ Die Dynamik der sozialen Tugenden sollte daher „mit Hilfe des relational-systemischen Ansatzes erklärt werden, den Lewin in der Formel V = f (P/U) zusammengefasst hat, wonach das Verhalten (V) eine Funktion der Person (P) and des Umfelds (U) ist. Dieser Ansatz ist das Gegenteil des monopersonalen Ansatzes, bei dem die Beobachtung auf den einzelnen and seine inneren Prozesse beschränkt bleibt. … Beim Feldansatz nach Lewin werden die inneren Faktoren des einzelnen ebenfalls untersucht, es wird aber von der gegenseitigen Beeinflussung dieser Faktoren im Gesamtkomplex der Person ausgegangen, die ihrerseits stets in ein Netz von Beziehungen zu ihrer Um-welt eingebettet ist. Die Beziehungsdynamik hat also dieses innere System von Variablen vor Augen und analysiert von Mal zu Mal die Rolle oder Funktion, die jede einzelne jeweils im Gesamtgefüge spielt.“ (ebenda, 47f)

Literatur:


Giuseppe Galli:

Psychologie der sozialen Tugenden

Zur Gestaltpsychologie von Hingabe, Dankbarkeit, Staunen, Vergebung, Vertrauen und Aufrichtigkeit

2., erweiterte Auflage 2005

244 Seiten | ISBN: 978-3-205-77308-5| Preis 35,00 Euro

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tugenden_soziale.1626898770.txt.gz · Zuletzt geändert: 12.03.2024 13:26 (Externe Bearbeitung)