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gesundheit [09.01.2017 13:51] stemberger |
gesundheit [12.03.2024 13:26] (aktuell) |
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- | //Eintrag | + | ==== Zentrale Merkmale der Auffassung von psychischen Störungen und Erkrankungen in der Gestalttheorie ==== |
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- | **Zentrale Merkmale der Auffassung von psychischen Störungen und Erkrankungen in der Gestalttheorie**((< | ||
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- | 1) **Auch pathologisches Verhalten und Erleben ist geordnetes Geschehen**. Krankes und gesundes Geschehen, kranke und gesunde Entwicklung sind nicht grundsätzlich verschiedener Art, sondern unterliegen den gleichen Gesetzen, „nur dass eben andere psycho-pathologische Konstellationen vorliegen und daher äußerlich andere Erscheinungen eintreten“ (Lewin Bezug nehmend auf Goldstein) | + | 1) **Auch pathologisches Verhalten und Erleben ist geordnetes Geschehen**. Krankes und gesundes Geschehen, kranke und gesunde Entwicklung sind nicht grundsätzlich verschiedener Art, sondern unterliegen den gleichen Gesetzen, „nur dass eben andere psycho-pathologische Konstellationen vorliegen und daher äußerlich andere Erscheinungen eintreten“ (Lewin |
2) Zum angemessenen Verstehen krankhaften Geschehens ist die **Organisation des gesamten persönlichen, | 2) Zum angemessenen Verstehen krankhaften Geschehens ist die **Organisation des gesamten persönlichen, | ||
- | 3) Der Mensch wird nicht als Ansammlung starres Apparaturen aufgefasst, die nach dem Prinzip einfacher oder auch komplexerer Maschinen funktioniert, | + | 3) Der Mensch wird nicht als Ansammlung starres Apparaturen aufgefasst, die nach dem Prinzip einfacher oder auch komplexerer Maschinen funktioniert, |
- | 4) Die Wiederherstellung eines gesunden Gleichgewichtszustandes mit oder ohne äußere Einwirkung kann nur auf der Grundlage der **inneren Selbstregulierungskräfte** zustande kommen, die dem Menschen innewohnen. | + | 4) Die Wiederherstellung eines gesunden |
5) Krankhaftes Geschehen ist nicht einfach als Glied in einer unendlichen Kausalkette von Ursache und Wirkung zu betrachten, das Augenmerk muss der dynamischen Struktur des Gegenwärtigen gelten. Die Lebensvorgänge sind als Aufeinanderfolge von Bedingungskonstellationen aufzufassen, | 5) Krankhaftes Geschehen ist nicht einfach als Glied in einer unendlichen Kausalkette von Ursache und Wirkung zu betrachten, das Augenmerk muss der dynamischen Struktur des Gegenwärtigen gelten. Die Lebensvorgänge sind als Aufeinanderfolge von Bedingungskonstellationen aufzufassen, | ||
- | 6) Bei dieser Aufeinanderfolge von Bedingungskonstellationen ist der gestalttheoretische Ansatz nicht festgelegt oder eingeschränkt auf ein fixes Repertoire solcher Abfolgen im Sinne von normierenden Stadientheorien oder dergleichen. Alles, was das Leben bringt, bringt zugleich die Notwendigkeit mehr oder weniger großer Veränderungen des Fließgleichgewichtes. Das hindert zugleich nicht daran, die **für eine bestimmte Zeit, Kultur, Gesellschaftsform typischen Abwandlungen jener Umbrüche** besonders ins Auge zu fassen, mit denen praktisch jeder Mensch im Lebenslauf konfrontiert ist und die größere Umstrukturierungen erfordern (z.B.: Pubertät und Erwachsenwerden) | + | 6) Bei dieser Aufeinanderfolge von Bedingungskonstellationen ist der gestalttheoretische Ansatz nicht festgelegt oder eingeschränkt auf ein fixes Repertoire solcher Abfolgen im Sinne von normierenden Stadientheorien oder dergleichen. Alles, was das Leben bringt, bringt zugleich die Notwendigkeit mehr oder weniger großer Veränderungen des [[gleichgewicht|Fließgleichgewichtes]]. Das hindert zugleich nicht daran, die **für eine bestimmte Zeit, Kultur, Gesellschaftsform typischen Abwandlungen jener Umbrüche** besonders ins Auge zu fassen, mit denen praktisch jeder Mensch im Lebenslauf konfrontiert ist und die größere |
- | 7) Mit Bedingungskonstellationen meint die Gestalttheorie in erster Linie **Bedingungskonstellationen im psychischen Feld**, und Analyse der Bedingungskonstellationen bedeutet: Analyse der in diesem Feld für das gegenwärtige Geschehen bestimmenden dynamischen Konstellation der Feldkräfte. Darauf ist auch die Modellbildung für bestimmte pathologische Prozesse ausgerichtet. | + | 7) Mit Bedingungskonstellationen meint die Gestalttheorie in erster Linie **Bedingungskonstellationen |
- | 8) Mit Feld ist gestalttheoretisch – im Unterschied zu anderen Verwendungen des Feldkonzeptes – in diesem Zusammenhang in erster Linie **das phänomenale (bzw. anschauliche) Gesamtfeld** unserer phänomenalen Welt gemeint (Grundlage: kritisch-realistische | + | 8) Mit Feld ist gestalttheoretisch – im Unterschied zu anderen Verwendungen des Feldkonzeptes – in diesem Zusammenhang in erster Linie **[[gesamtfeld_anschauliches|das phänomenale (bzw. anschauliche) Gesamtfeld]]** unserer phänomenalen Welt gemeint (Grundlage: |
- | 9) In diesem phänomenalen Feld ist **das Ich nur ein spezieller Teilbereich**, | + | 9) In diesem phänomenalen Feld ist **[[ich|das Ich nur ein spezieller Teilbereich]]**, der in dynamischer Wechselbeziehung zu seiner anschaulichen Umwelt steht. Krankhaftes Geschehen wird nicht nur aus Vorgängen innerhalb des der Person zuzurechnenden Bereichs des psychischen Feldes abgeleitet (wie dies in beinahe allen anderen Krankheitslehren, |
- | 10) Die Gestalttheorie trifft **keine Vorannahme darüber, wie dieses psychische Feld strukturiert ist**. Insbesondere trifft sie nicht die Vorannahme, dass das Ich immer der natürliche Mittelpunkt oder Schwerpunkt der anschaulichen Welt ist, von dem alles ausgeht und auf den alles zusammenläuft und sich bezieht. Im Gegenteil: Ein Mensch, der unabhängig von der jeweiligen Struktur und Dynamik der Situation in solcher Zentrierung fixiert ist, wird aus gestalttheoretischer Sicht bereits als schwer behindert angesehen, wovon krankhafte Störungen ihren Ausgang nehmen können. | + | 10) Die Gestalttheorie trifft **keine Vorannahme darüber, wie dieses |
- | 11) Es wird davon ausgegangen, | + | 11) Es wird davon ausgegangen, |
12) Die konkrete Art der **leib-seelischen und leib-leiblichen Wechselwirkungen** ist in der Gestalttheorie nicht durch Vorannahmen festgelegt, sondern bleibt der konkreten Untersuchung vorbehalten. Das damit verbundene Verständnis des Leib-Seele-Problems drückt sich auch im Satz aus: „Die somatische Schädigung eines Hirnteils wird qualitativ auch andere Wirkungen haben als das Eintreffen einer schrecklichen Nachricht; nicht deshalb, weil das erstere ein physisches, das letztere ein psychisches ist, sondern darin, dass die Wirkungen (bei beiden im Physiologischen und im Psychischen) im ersteren Fall gröber, unvermittelter, | 12) Die konkrete Art der **leib-seelischen und leib-leiblichen Wechselwirkungen** ist in der Gestalttheorie nicht durch Vorannahmen festgelegt, sondern bleibt der konkreten Untersuchung vorbehalten. Das damit verbundene Verständnis des Leib-Seele-Problems drückt sich auch im Satz aus: „Die somatische Schädigung eines Hirnteils wird qualitativ auch andere Wirkungen haben als das Eintreffen einer schrecklichen Nachricht; nicht deshalb, weil das erstere ein physisches, das letztere ein psychisches ist, sondern darin, dass die Wirkungen (bei beiden im Physiologischen und im Psychischen) im ersteren Fall gröber, unvermittelter, | ||
+ | ==== Literatur: ==== | ||
+ | * Lewin, Kurt (1929/ | ||
+ | * Schulte, Heinrich (1924/ | ||
+ | * Stemberger, Gerhard (Hrsg., 2002): // | ||
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+ | <WRAP center round box 80%> | ||
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+ | **Gerhard Stemberger (Hrsg.): | ||
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+ | Psychische Störungen im Ich-Welt-Verhältnis. | ||
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+ | Gestalttheorie und psychotherapeutische Krankheitslehre ** | ||
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+ | Wien: Verlag Wolfgang Krammer | ||
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+ | ISBN 978 3 901811 098 | 184 Seiten | Preis 25,00 Euro | ||
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