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gestalt-therapie

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gestalt-therapie [17.07.2021 18:19]
stemberger
gestalt-therapie [12.03.2024 13:26] (aktuell)
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 ====== Gestalt-Therapie ====== ====== Gestalt-Therapie ======
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 ==== Eine Mehrzahl von Gestalt-Therapien ==== ==== Eine Mehrzahl von Gestalt-Therapien ====
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 Die von Fritz und Laura Perls, Paul Goodman und anderen begründete Psychotherapiemethode //**Gestalt-Therapie**// ist ein tiefenpsychologischer, [[phaenomenologie|phänomenologisch]] und experimentell orientierter Psychotherapieansatz. Er wurzelt in sehr unterschiedlichen theoretischen Konzepten, von denen nur eines unter vielen anderen die Gestaltpsychologie ist. Nicht zuletzt wegen der Heterogenität und Widersprüchlichkeit ihrer theoretischen Grundlegungen, die durch sozio-kulturelle und geistesgeschichtliche Verschiedenheiten in den hauptsächlichen Verbreitungsgebieten der Gestalttherapie noch verstärkt wurden((vgl. dazu Saner 1984 und [[http://www.gestalttheory.net/cms/uploads/pdf/GTH-Archive/1984TholeyGestaltTherapy.pdf|Tholey 1984]])), hat sich die Gestalt-Therapie international inzwischen in sehr unterschiedliche Strömungen ausdifferenziert. Damit stellt sich bisweilen die Frage, inwiefern es noch gerechtfertigt ist, diese divergenten Strömungen weiterhin unter einer gemeinsamen Bezeichnung zusammenzufassen (ein Schicksal, dass sie auch mit anderen Psychotherapiemethoden teilt, allen voran mit der Psychoanalyse). Bisher ist jedoch eine hohe Bereitschaft dieser verschiedenen Strömungen zu beobachten, sich als eine Gemeinschaft zu verstehen und die bestehenden Differenzen miteinander "auszustreiten" Die von Fritz und Laura Perls, Paul Goodman und anderen begründete Psychotherapiemethode //**Gestalt-Therapie**// ist ein tiefenpsychologischer, [[phaenomenologie|phänomenologisch]] und experimentell orientierter Psychotherapieansatz. Er wurzelt in sehr unterschiedlichen theoretischen Konzepten, von denen nur eines unter vielen anderen die Gestaltpsychologie ist. Nicht zuletzt wegen der Heterogenität und Widersprüchlichkeit ihrer theoretischen Grundlegungen, die durch sozio-kulturelle und geistesgeschichtliche Verschiedenheiten in den hauptsächlichen Verbreitungsgebieten der Gestalttherapie noch verstärkt wurden((vgl. dazu Saner 1984 und [[http://www.gestalttheory.net/cms/uploads/pdf/GTH-Archive/1984TholeyGestaltTherapy.pdf|Tholey 1984]])), hat sich die Gestalt-Therapie international inzwischen in sehr unterschiedliche Strömungen ausdifferenziert. Damit stellt sich bisweilen die Frage, inwiefern es noch gerechtfertigt ist, diese divergenten Strömungen weiterhin unter einer gemeinsamen Bezeichnung zusammenzufassen (ein Schicksal, dass sie auch mit anderen Psychotherapiemethoden teilt, allen voran mit der Psychoanalyse). Bisher ist jedoch eine hohe Bereitschaft dieser verschiedenen Strömungen zu beobachten, sich als eine Gemeinschaft zu verstehen und die bestehenden Differenzen miteinander "auszustreiten"
  
-Als theoretisches Grundlagenwerk der Gestalt-Therapie gilt nach wie vor das Buch "Gestalt-Therapie - Lebensfreude und Persönlichkeitsentwicklung" von Frederick S. Perls, Ralph F. Hefferline und Paul Goodman, dessen englische Originalfassung 1951 in New York erschien. Dass es eine Reihe widersprüchlicher, miteinander unvereinbarer Konzepte enthält((vgl. dazu beispielsweise Wollants 2008/2012)), ist heute weitgehend unbestritten - wie damit umzugehen ist, darüber gehen die Meinungen jedoch auseinander (Fritz Perls selbst mochte sich später damit nicht mehr identifizieren). Hat man früher - um unterschiedliche Ausprägungen der Gestalt-Therapie zu bezeichnen - von Unterschieden in "Stilen" gesprochen ("Westküsten-Stil", "Ost-Küsten-Stil"), so steht heute mehr die Differenzierung in "relationale Gestalt-Therapien" und solchen im Vordergrund, die die damit gemeinten Veränderungen für eine Verfälschung der ursprünglichen Konzepte der Gestalt-Therapie halten.     +Als theoretisches Grundlagenwerk der Gestalt-Therapie gilt nach wie vor das Buch "Gestalt-Therapie - Lebensfreude und Persönlichkeitsentwicklung" von Frederick S. Perls, Ralph F. Hefferline und Paul Goodman, dessen englische Originalfassung 1951 in New York erschien. Dass es eine Reihe widersprüchlicher, miteinander unvereinbarer Konzepte enthält((vgl. dazu beispielsweise Wollants 2008/2012)), ist heute weitgehend unbestritten - wie damit umzugehen ist, darüber gehen die Meinungen jedoch auseinander (Fritz Perls selbst mochte sich später mit diesem Buch nicht mehr identifizieren). Hat man früher - um unterschiedliche Ausprägungen der Gestalt-Therapie zu bezeichnen - von Unterschieden in "Stilen" gesprochen ("Westküsten-Stil", "Ost-Küsten-Stil"), so steht heute mehr die Differenzierung in "relationale Gestalt-Therapien" und solchen im Vordergrund, die die damit gemeinten Veränderungen für eine Verfälschung der ursprünglichen Konzepte der Gestalt-Therapie halten.     
  
 ==== Gestalt-Therapie und GTP: Ein schwieriger Vergleich ==== ==== Gestalt-Therapie und GTP: Ein schwieriger Vergleich ====
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-Während die GTP erkenntnistheoretisch vom [[realismus_kritischer|Kritischen Realismus]] ausgeht, folgen die meisten gestalt-therapeutischen Konzeptionen einem [[realismus_naiver|naiven Realismus]] oder dem radikalen Konstruktivismus nahe stehenden Ideen. Die Grundauffassungen zur [[ethik_und_gestalttheorie|Ethik]] sind in der GTP situativ-relational, in vielen gestalt-therapeutischen Strömungen relativistisch ausgeprägt. Unterschiede zeigen sich verschiedentlich auch in den anthropologischen Konzeptionen, also im Menschenbild, die in einigen Varianten von Gestalt-Therapie noch von [[monopersonal_relational|mono-personalen Modellen]] geprägt sind. Wissenschaftstheoretisch orientiert sich die GTP an der phänomenologisch-experimentellen Methodik der Gestalttheorie, während in der Gestalt-Therapie die diesbezüglichen Auffassungen zu heterogen sind, um sie hier auch nur annähernd "auf einen Nenner" zu bringen. +Während die GTP erkenntnistheoretisch vom [[realismus_kritischer|Kritischen Realismus]] ausgeht, folgen die meisten gestalt-therapeutischen Konzeptionen einem [[realismus_naiver|naiven Realismus]] oder dem radikalen Konstruktivismus nahe stehenden Ideen. Die Grundauffassungen zur [[ethik_und_gestalttheorie|Ethik]] sind in der GTP situativ-relational((Siehe dazu [[https://www.academia.edu/2010906/|Stemberger 1995]], [[https://www.academia.edu/41274591/|Sternek 2019]], [[https://sciendo.com/article/10.2478/gth-2021-0007|Ragsdale 2021]])), in vielen gestalt-therapeutischen Strömungen relativistisch ausgeprägt. Unterschiede zeigen sich verschiedentlich auch in den anthropologischen Konzeptionen, also im Menschenbild, die in einigen Varianten von Gestalt-Therapie noch von [[monopersonal_relational|mono-personalen Modellen]] geprägt sind. Wissenschaftstheoretisch orientiert sich die GTP an der phänomenologisch-experimentellen Methodik der Gestalttheorie, während in der Gestalt-Therapie die diesbezüglichen Auffassungen zu heterogen sind, um sie hier auch nur annähernd "auf einen Nenner" zu bringen. 
  
 === Realexplikative Ebene: === === Realexplikative Ebene: ===
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   * Perls, Frederick S.; Ralph F. Hefferline; Paul Goodman (1988): //Gestalt-Therapie. Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung//. 4. Auflage. Stuttgart: Klett Cotta.   * Perls, Frederick S.; Ralph F. Hefferline; Paul Goodman (1988): //Gestalt-Therapie. Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung//. 4. Auflage. Stuttgart: Klett Cotta.
   * Petzold, H.G. (1993): //Integrative Therapie - Modelle, Theorien und Methoden für eine schulenübergreifende Psychotherapie, Bd. II/2 Klinische Theorie//. Paderborn: Junfermann Verlag.   * Petzold, H.G. (1993): //Integrative Therapie - Modelle, Theorien und Methoden für eine schulenübergreifende Psychotherapie, Bd. II/2 Klinische Theorie//. Paderborn: Junfermann Verlag.
 +  * Ragsdale, E.S. (2021): [[https://sciendo.com/article/10.2478/gth-2021-0007|Relational Determination in Interpersonal and Intrapsychic Experience]]. //Gestalt Thweory, 43//(1), 121–142.
   * Saner, R. (1984): Culture Bias of Gestalt Therapy Made-in-USA. //Gestalt Theory, 6//(2), 158-170.    * Saner, R. (1984): Culture Bias of Gestalt Therapy Made-in-USA. //Gestalt Theory, 6//(2), 158-170. 
   * Sherrill, R. E. (1986): [[http://www.gestalt.org/sherrill.htm|Gestalt therapy and Gestalt psychology]]. //The Gestalt Journal, IX//(2), 53-66.    * Sherrill, R. E. (1986): [[http://www.gestalt.org/sherrill.htm|Gestalt therapy and Gestalt psychology]]. //The Gestalt Journal, IX//(2), 53-66. 
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   * Stemberger, G. (2006): [[https://www.academia.edu/31450094/|Rezension: Spagnuolo Lobb, M., Amendt-Lyon, N. (Hrsg., 2006): Die Kunst der Gestalttherapie. Eine schöpferische Wechselbeziehung.]] //Psychotherapie Forum, 14//(2), 114-115.   * Stemberger, G. (2006): [[https://www.academia.edu/31450094/|Rezension: Spagnuolo Lobb, M., Amendt-Lyon, N. (Hrsg., 2006): Die Kunst der Gestalttherapie. Eine schöpferische Wechselbeziehung.]] //Psychotherapie Forum, 14//(2), 114-115.
   * Stemberger, G. (1998): [[https://www.academia.edu/2010907/|Zur Kritik einiger theoretischer Annahmen und Konstrukte in der Gestalt-Therapie]]. //Gestalt Theory, 20//(4), 283-310.    * Stemberger, G. (1998): [[https://www.academia.edu/2010907/|Zur Kritik einiger theoretischer Annahmen und Konstrukte in der Gestalt-Therapie]]. //Gestalt Theory, 20//(4), 283-310. 
 +  * Stemberger, G. (1995): [[https://www.academia.edu/2010906/|Zum Werteproblem in der Psychotherapie]]. //Gestalt Theory, 17//(3), 184-195.
 +  * Sternek, K. (2019): [[https://www.academia.edu/41274591/|Der ethische Ansatz der Gestalttheoretischen Psychotherapie.]] //Phänomenal, 11//(1), 68-69. 
   * Tholey, P. (1984): [[http://www.gestalttheory.net/cms/uploads/pdf/GTH-Archive/1984TholeyGestaltTherapy.pdf|Gestalt therapy Made-in-USA and Made-elsewhere]]. //Gestalt Theory, 6//(2), 171-174.   * Tholey, P. (1984): [[http://www.gestalttheory.net/cms/uploads/pdf/GTH-Archive/1984TholeyGestaltTherapy.pdf|Gestalt therapy Made-in-USA and Made-elsewhere]]. //Gestalt Theory, 6//(2), 171-174.
   * Walter, H.-J. (1984): [[http://www.oeagp.at/cms/uploads/pdf/literatur/gestalttherapie_gestaltheorie_Walter.pdf|Was haben Gestalttherapie und Gestalttheorie miteinander zu tun?]] //Gestalt Theory 6//(1), 55-69.   * Walter, H.-J. (1984): [[http://www.oeagp.at/cms/uploads/pdf/literatur/gestalttherapie_gestaltheorie_Walter.pdf|Was haben Gestalttherapie und Gestalttheorie miteinander zu tun?]] //Gestalt Theory 6//(1), 55-69.
   * Wollants, G. (2008/2012): //Gestalt Therapy – Therapy of the Situation//. Turnhout: Faculteit voor Mens en Samenleving. Neuaulage 2012: London: Sage Publications. [weitere Ausgaben in Französisch, Italienisch und Spanisch]   * Wollants, G. (2008/2012): //Gestalt Therapy – Therapy of the Situation//. Turnhout: Faculteit voor Mens en Samenleving. Neuaulage 2012: London: Sage Publications. [weitere Ausgaben in Französisch, Italienisch und Spanisch]
  
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