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stemberger
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 ====== Gestalt ====== ====== Gestalt ======
-//Doris Schubert, Frankfurt//+//Doris Schubert, Frankfurt// (mit einigen bibliographischen Aktualisierungen)
  
-Christian von Ehrenfels führte (1890) den Begriff der Gestalt in die Psychologie ein, um die (philosophische) Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Ganzen und seinen Teilen zu erklären. Er erläutert das Verständnis von [[ordnung|Ordnung]], die wir am seelischen Geschehen (und zugleich am Verhalten von Menschen und Tieren) bemerken. Eine Gestalt ist eine seelische Ganzheit, die sich durch Übersummativität und Transponierbarkeit hervorhebt. Ehrenfels führt dies am Beispiel der Melodie aus: Sie ist übersummativ, weil sie sich nicht aus der "Summe" ihrer einzelnen Teile erklären lässt, und transponierbar, weil sie trotz Änderung aller Einzeltöne - etwa beim Wechsel des Tonhöhennivveaus - erhalten bleiben kann ([[tendenz_zur_guten_gestalt|Tendenz zur guten Gestalt/Prägnanztendenz]]) (vgl. Tholey 1983).+Christian von Ehrenfels führte (1890) den Begriff der Gestalt in die Psychologie ein, um die (philosophische) Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Ganzen und seinen Teilen zu erklären. Er erläutert das Verständnis von [[ordnung|Ordnung]], die wir am seelischen Geschehen (und zugleich am Verhalten von Menschen und Tieren) bemerken. Eine Gestalt ist eine seelische Ganzheit, die sich durch Übersummativität und Transponierbarkeit hervorhebt. Ehrenfels führt dies am Beispiel der Melodie aus: Sie ist übersummativ, weil sie sich nicht aus der "Summe" ihrer einzelnen Teile erklären lässt, und transponierbar, weil sie trotz Änderung aller Einzeltöne - etwa beim Wechsel des Tonhöhennivveaus - erhalten bleiben kann ([[tendenz_zur_guten_gestalt|Tendenz zur guten Gestalt/Prägnanztendenz]]) (vgl. Tholey 1982).
  
-Die Ganzheitlichkeit des Seelischen wird am radikalsten durch die [[gestalttheorie_gestaltpsychologie|Gestaltpsychologie der "Berliner Schule"]] (Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka sowie Kurt Lewin) vertreten, deren Forschungsaktivitäten in Deutschland in den 1930er-Jahren im Gefolge des MAchtantritts des Nationalsozialismus stark beeinträchtigt wurden und so erzwungenermaßen in der Emigration fortgeführt werden mussten (z.B. von Lewin in den USA mit seinen gruppendynamische Experimenten und seinem feldtheoretischen Ansatz, in dem er gestaltpsychologisches Gedankengut für den Bereich der Sozialpsychologie erfolgreich anwandte). Ebenso ist diese Theorie in Italien und in Japan vertreten (auch aufgrund der Nähe zur zen-buddhistischen Lehre). In der BRD wurde die gestaltpsychologische Forschung nach dem 2. Weltkrieg vor allem durch Wolfgang Metzger und Edwin Rausch weitergeführt; ihre Wiederbelebung im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus kam auch in der Gründung der "Gesellschaft für Gestalttheorie und ihre Anwendungen" und ihrer Zeitschrift "Gestalt Theory" (ab 1979) zum Ausdruck. Diese Gesellschaft bot auch den Rahmen für die Bemühungen von Hans-Jürgen P. Walter und seinen Kolleginnen und Kollegen um die Ausformulierung einer gestalttheoretisch begründeten Psychotherapie, in der verschiedene therapeutische Richtungen der Gegenwart integrieren werden sollten, +Die Ganzheitlichkeit des Seelischen wird am radikalsten durch die [[gestalttheorie_gestaltpsychologie|Gestaltpsychologie der "Berliner Schule"]] (Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka sowie Kurt Lewin) vertreten, deren Forschungsaktivitäten in Deutschland in den 1930er-Jahren im Gefolge des MAchtantritts des Nationalsozialismus stark beeinträchtigt wurden und so erzwungenermaßen in der Emigration fortgeführt werden mussten (z.B. von Lewin in den USA mit seinen gruppendynamische Experimenten und seinem feldtheoretischen Ansatz, in dem er gestaltpsychologisches Gedankengut für den Bereich der Sozialpsychologie erfolgreich anwandte). Ebenso ist diese Theorie in Italien und in Japan vertreten (auch aufgrund der Nähe zur zen-buddhistischen Lehre((vgl. dazu [[https://www.academia.edu/25602501/|Kästl 1990]]))). In der BRD wurde die gestaltpsychologische Forschung nach dem 2. Weltkrieg vor allem durch Wolfgang Metzger und Edwin Rausch weitergeführt; ihre Wiederbelebung im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus kam auch in der Gründung der [[http://www.gestalttheory.net/cms/index.php?page=startseite"|Gesellschaft für Gestalttheorie und ihre Anwendungen" (GTA)]] und ihrer Zeitschrift [[http://www.gestalttheory.net/cms/index.php?page=links-de|"Gestalt Theory"]] (ab 1979) zum Ausdruck. Diese Gesellschaft bot unter anderem auch den Rahmen für die Bemühungen von Hans-Jürgen P. Walter, Rainer Kästl und seinen Kolleginnen und Kollegen um die Ausformulierung einer gestalttheoretisch begründeten Psychotherapie, in der verschiedene therapeutische Richtungen der Gegenwart integrieren werden sollten (zur Geschichte dieser Bemühungen siehe [[https://www.academia.edu/33881180/|Kästl 2002]][[https://www.academia.edu/41380949/|Stemberger 2019]]). 
  
 Eine Gestalt - im Gegensatz zu einer beliebigen Ansammlung von Stücken, mosaikartigen Gebilden - weist eine gewisse [[ordnung|Ordnung]] auf, welche die Art und den Ort der Teile bestimmt; zudem besteht eine Wechselwirkung zwischen ihren Teilen – so dass eine Änderung eines Teiles zur Änderung anderer führen kann. Eine Gestalt - im Gegensatz zu einer beliebigen Ansammlung von Stücken, mosaikartigen Gebilden - weist eine gewisse [[ordnung|Ordnung]] auf, welche die Art und den Ort der Teile bestimmt; zudem besteht eine Wechselwirkung zwischen ihren Teilen – so dass eine Änderung eines Teiles zur Änderung anderer führen kann.
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   * [[gestalteigenschaften_arten|Gestalteigenschaften, Arten]]   * [[gestalteigenschaften_arten|Gestalteigenschaften, Arten]]
  
-**Literatur:**+==== Literatur: ====
  
-Metzger, Wolfgang (1986): //Gestaltpsychologie. Ausgewählte Werke aus den Jahren 1950 bis 1982// herausgegeben und eingeleitet von Michael Stadler und Heinrich Crabus. Verlag Waldemar Kramer. Frankfurt.+  * Kästl, Rainer (1990): [[https://www.academia.edu/25602501/|Zur Beziehung von Wolfgang Metzger zu Taoismus und Zen-Buddhismus]]. //Gestalt Theory, 12//(3), 141-149.  
 +  * Kästl, Rainer (2002): [[https://www.academia.edu/33881180/|Ein Rückblick auf die Entwicklung der Gestalttheoretischen Psychotherapie]]. //Gestalt Theory, 24//(3), 215-224. 
 +  * Metzger, Wolfgang (1986): //Gestaltpsychologie. Ausgewählte Werke aus den Jahren 1950 bis 1982// herausgegeben und eingeleitet von Michael Stadler und Heinrich Crabus. Frankfurt: aldemar Kramer.  
 +  * Stemberger, Gerhard (2019): [[https://www.academia.edu/41380949/|40 Jahre Gestalttheoretische Psychotherapie haben eine Konstante - Zum 70. Geburtstag von Rainer Kästl]]. //Phänomenal, 11//(1), 53-61. 
 +  * Tholey, Paul (1982/2018): Gestaltpsychologie. In: R. Asanger & G. Weninger (Hrsg.), //Handbuch der Psychologie//, Weinheim: PVU. Nachdruck 2018 in P. Tholey, //Zur Gestalttheorie von Sport, Klartraum und Bewusstsein. Herausgegeben und eingeleitet von Gerhard Stemberger//, Wien: Krammer, 233-243. [-> [[mailto:info@oeagp.at|Bestellbar bei der ÖAGP-Geschäftsstelle]]]  
 +  * Walter, Hans-Jürgen (1994): //Gestalttheorie und Psychotherapie. Zur integrativen Anwendung zeitgenössischer Therapieformen//. 3. Auflage. Opladen. 
 +  * Wertheimer, Max (1912): Experimentelle Studien über das Sehen von Bewegung. //Zeitschrift für Psychologie,//  161-265. Auch in Wertheimer, M.: //Drei Abhandlungen zur Gestalttheorie//. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1967, 2-105.
  
-Tholey, Paul (1982)Gestaltpsychologie//Handbuch der Psychologie//, RAsanger & GWeninger (Hrsg.). Weinheim.+---- 
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 +**Paul Tholey:  
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 +Gestalttheorie von SportKlartraum und Bewusstsein.  
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 +Ausgewählte Arbeiten, hrsg. und eingeleitet von Gerhard Stemberger**  
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 +WienVerlag Wolfgang Krammer 
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 +ISBN 978 3 901811 76 0 | 310 Seiten | Preis 36,00 Euro 
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 +[[mailto:info@oeagp.at|Nun direkt bei der ÖAGP-Geschäftsstelle zu beziehen]] 
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 +-> [[https://www.academia.edu/35568300/Paul_Tholey_Gestalttheorie_von_Sport_Klartraum_und_Bewusstsein._Ausgew%C3%A4hlte_Arbeiten_herausgegeben_und_eingeleitet_von_Gerhard_Stemberger|Inhaltsverzeichnis und Einführung von Gerhard Stemberger]] 
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-Walter, Hans-Jürgen (1994): //Gestalttheorie und Psychotherapie. Zur integrativen Anwendung zeitgenössischer Therapieformen//. 3. Auflage. Opladen. 
  
-Wertheimer, Max (1912): Experimentelle Studien über das Sehen von Bewegung. //Zeitschrift für Psychologie,//  161-265. Auch in Wertheimer, M.: //Drei Abhandlungen zur Gestalttheorie//. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1967, 2-105. 
gestalt.1610384713.txt.gz · Zuletzt geändert: 12.03.2024 13:25 (Externe Bearbeitung)