Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


emotionszentrierter_ansatz

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen Revision Vorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
emotionszentrierter_ansatz [22.07.2021 15:12]
stemberger
emotionszentrierter_ansatz [12.03.2024 13:26] (aktuell)
Zeile 1: Zeile 1:
 ====== Emotionszentrierter Ansatz; "Arbeiten mit Gefühlen" ====== ====== Emotionszentrierter Ansatz; "Arbeiten mit Gefühlen" ======
 +[EN: emotion-centered approach; "working with emotions", feelings]
  
 [Der Eintrag gibt auszugsweise den Beitrag von [[https://www.academia.edu/42921304/|Stemberger & Sternek 2019]] wieder. Für Zitierzwecke sollte der Originalbeitrag herangezogen werden.] [Der Eintrag gibt auszugsweise den Beitrag von [[https://www.academia.edu/42921304/|Stemberger & Sternek 2019]] wieder. Für Zitierzwecke sollte der Originalbeitrag herangezogen werden.]
Zeile 5: Zeile 6:
 ==== Zweierlei Rede von Gefühlen ==== ==== Zweierlei Rede von Gefühlen ====
  
-Über Gefühle kann in sehr unterschiedlicher Weise gesprochen werden und es ist wenig hilfreich, wenn diese verschiedenen Bedeutungen ständig durcheinandergebracht oder miteinander vermischt werden.+Über Gefühle kann in sehr unterschiedlicher Weise gesprochen werden und es ist wenig hilfreich, wenn diese verschiedenen Bedeutungen durcheinandergebracht oder miteinander vermischt werden.
  
   * Man kann über Gefühle im erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Sinn sprechen – dann versucht man sich darüber klar zu werden, was Gefühle //sind//;    * Man kann über Gefühle im erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Sinn sprechen – dann versucht man sich darüber klar zu werden, was Gefühle //sind//; 
   * oder man kann über Gefühle im phänomenologischen Sinn  sprechen  – dann geht es darum, wie wir Gefühle //erleben//   * oder man kann über Gefühle im phänomenologischen Sinn  sprechen  – dann geht es darum, wie wir Gefühle //erleben//
  
-**Im erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Sinn** sind Gefühle bestimmte [[bewusstsein|Bewusstseinszustände]], also bestimmte dynamische Beschaffenheiten der phänomenalen Welt, die auch Entsprechungen im physiologischen Bereich haben, in der Hirntätigkeit wie auch in anderen körperlichen Vorgängen (z.B. Erröten, Erblassen, schnellerer oder angehaltener Atem usw.). +**Im [[realismus_kritischer|erkenntnistheoretischen]] bzw. ontologischen Sinn** sind Gefühle bestimmte [[bewusstsein|Bewusstseinszustände]], also bestimmte dynamische Beschaffenheiten der phänomenalen Welt, die auch Entsprechungen im physiologischen Bereich haben, in der Hirntätigkeit wie auch in anderen körperlichen Vorgängen (z.B. Erröten, Erblassen, schnellerer oder angehaltener Atem usw.). 
  
-**Im phänomenologischen Sinn** haben Gefühle in der Regel bestimmte Träger, die diese Gefühle „haben“, und sind  durch jeweils spezielle dynamische Beziehungen zwischen diesen „Trägern“ und anderen Personen oder Sachverhalten in der phänomenalen Welt ausgezeichnet.+**Im [[phaenomenologie|phänomenologischen]] Sinn** haben Gefühle in der Regel bestimmte Träger, die diese Gefühle „haben“, und sind  durch jeweils spezielle dynamische Beziehungen zwischen diesen „Trägern“ und anderen Personen oder Sachverhalten in der phänomenalen Welt ausgezeichnet.
  
 Fragt man also aus der erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Warte, was Gefühle //sind//, fragt man Fragt man also aus der erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Warte, was Gefühle //sind//, fragt man
-aus der phänomenologischen Warte nach dem //Erleben// der Gefühle. Man kann sich viel Verwirrung in diesen Fragen ersparen, wenn man auf diesen Unterschied achtet.+aus der phänomenologischen Warte nach dem //Erleben// der Gefühle. Man kann sich viel Verwirrung in diesen Fragen ersparen, wenn man auf diesen Unterschied achtet (vgl. dazu auch die entsprechenden Differenzierungen des [[bewusstsein|Bewusstseinsbegriffs]] bei Tholey 2018)
  
 ==== Ganzheitliches Prägnanzgeschehen ==== ==== Ganzheitliches Prägnanzgeschehen ====
  
-Im Gefühlserleben ist in ganzheitlicher Weise prägnant, wer man gerade in welcher Welt ist und was sich daraus unmittelbar ergibt, welche Bedürfnisse und Ziele diese Welt gerade beherrschen und welche Kräfte in ihr wirken. Das Fördern des Gefühlserlebens ist in diesem Sinn Bestandteil von Klärungsprozessen, kein Selbstzweck. Das Fehlen klarer Gefühlserlebnisse zeigt kein „Persönlichkeitsdefizit“ an, sondern eine unklare Situation. +Im Gefühlserleben ist [[ganzheitlichkeit|in ganzheitlicher Weise]] prägnant, wer man gerade in welcher Welt ist und was sich daraus unmittelbar ergibt, welche Bedürfnisse und Ziele diese Welt gerade beherrschen und welche Kräfte in ihr wirken. Das Fördern des Gefühlserlebens ist in diesem Sinn Bestandteil von Klärungsprozessen, kein Selbstzweck. Das Fehlen klarer Gefühlserlebnisse zeigt kein „Persönlichkeitsdefizit“ an, sondern eine unklare Situation. 
  
 Gefühle sind aus gestalttheoretischer Sicht jedenfalls nicht als bloß innerpersonales Geschehen, also als Gefühle sind aus gestalttheoretischer Sicht jedenfalls nicht als bloß innerpersonales Geschehen, also als
Zeile 36: Zeile 37:
 ==== Gefühle - Affekte - Emotionen ==== ==== Gefühle - Affekte - Emotionen ====
  
-Wir hören und lesen von Gefühlen, aber auch von Affekten und dann wieder von Emotionen. Bedeuten diese Begriffe alle das Gleiche oder meinen sie Unterschiedliches? +Wir hören und lesen von "Gefühlen", aber auch von "Affektenund dann wieder von "Emotionen". Bedeuten diese Begriffe alle das Gleiche oder meinen sie Unterschiedliches? 
  
 Eine einheitliche Definition dieser Begriffe existiert in Literatur und Forschung nicht, aber wir können aus gestalttheoretischer Sicht sagen, wo wir einen sinnvollen Unterschied zwischen diesen Begriffen sehen. Vereinfacht gesagt, ist es der: Eine einheitliche Definition dieser Begriffe existiert in Literatur und Forschung nicht, aber wir können aus gestalttheoretischer Sicht sagen, wo wir einen sinnvollen Unterschied zwischen diesen Begriffen sehen. Vereinfacht gesagt, ist es der:
Zeile 61: Zeile 62:
  
 Es gibt aber auch Situationen, wo das Mitbekommen starker Gefühlserlebnisse beim Gegenüber von einem „Abblocken“ dieses Erlebens begleitet wird. Sowohl auf Seiten der Klientin als auch auf Seiten der Therapeutin kann es für ein solches „Abblocken“ unterschiedliche Gründe geben; auf Seiten der Therapeutin wird es vor allem darauf ankommen, den eigenen Impuls zum „Abblocken“ wahrzunehmen und damit zur Entscheidung fähig zu sein, ob sie diesem Impuls nachgeben sollte oder ob es eine für beide Seiten konstruktivere Art des Umgangs mit der Situation gibt, als sich gegenüber dem Gefühlserleben des anderen zu „anästhesieren“. Es gibt aber auch Situationen, wo das Mitbekommen starker Gefühlserlebnisse beim Gegenüber von einem „Abblocken“ dieses Erlebens begleitet wird. Sowohl auf Seiten der Klientin als auch auf Seiten der Therapeutin kann es für ein solches „Abblocken“ unterschiedliche Gründe geben; auf Seiten der Therapeutin wird es vor allem darauf ankommen, den eigenen Impuls zum „Abblocken“ wahrzunehmen und damit zur Entscheidung fähig zu sein, ob sie diesem Impuls nachgeben sollte oder ob es eine für beide Seiten konstruktivere Art des Umgangs mit der Situation gibt, als sich gegenüber dem Gefühlserleben des anderen zu „anästhesieren“.
 +
 +==== Siehe auch: ====
 +
 +  * [[ganzheitlichkeit|Ganzheitlichkeit]]
 +  * [[topdown|Vorgehen "von oben nach unten"]]
  
 ==== Literatur: ==== ==== Literatur: ====
   * Stemberger, Gerhard & Katharina Sternek (2019): [[https://www.academia.edu/42921304/|Gestalttheorie und Gefühl in neun Bildern]]. //Phänomenal, 11//(2), 21-28.   * Stemberger, Gerhard & Katharina Sternek (2019): [[https://www.academia.edu/42921304/|Gestalttheorie und Gefühl in neun Bildern]]. //Phänomenal, 11//(2), 21-28.
 +  * Tholey, Paul (2018): Zur Gestalttheorie von Sport, Klartraum und Bewusstsein. Ausgewählte Arbeiten, herausgegeben und eingeleitet von Gerhard Stemberger. Wien: Krammer [284 Seiten, Buchpreis 36,00 € -> [[mailto:info@oeagp.at|Bestellung bei der ÖAGP-Geschäftsstelle]]]
 +
 +----
 +
 +<WRAP center round box 75%>
 +{{:tholeybuch.jpg?200 |}} 
 +
 +
 +**Paul Tholey:** 
 +
 +**Gestalttheorie von Sport, Klartraum und Bewusstsein. 
 +
 +Ausgewählte Arbeiten, hrsg. und eingeleitet von Gerhard Stemberger** 
 +
 +Wien: Verlag Wolfgang Krammer
 +
 +ISBN 978 3 901811 76 0 | 310 Seiten | Preis 36,00 Euro
 +
 +[[mailto:info@oeagp.at|Nun direkt bei der ÖAGP-Geschäftsstelle zu beziehen]]
 +
 +-> [[https://www.academia.edu/35568300/Paul_Tholey_Gestalttheorie_von_Sport_Klartraum_und_Bewusstsein._Ausgew%C3%A4hlte_Arbeiten_herausgegeben_und_eingeleitet_von_Gerhard_Stemberger|Inhaltsverzeichnis und Einführung von Gerhard Stemberger]]
 +</WRAP>
 +
  
emotionszentrierter_ansatz.1626959529.txt.gz · Zuletzt geändert: 12.03.2024 13:25 (Externe Bearbeitung)