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Über Gefühle kann in sehr unterschiedlicher Weise gesprochen werden und es ist wenig hilfreich, wenn diese verschiedenen Bedeutungen ständig durcheinandergebracht oder miteinander vermischt werden.
Im erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Sinn sind Gefühle bestimmte Bewusstseinszustände, also bestimmte dynamische Beschaffenheiten der phänomenalen Welt, die auch Entsprechungen im physiologischen Bereich haben, in der Hirntätigkeit wie auch in anderen körperlichen Vorgängen (z.B. Erröten, Erblassen, schnellerer oder angehaltener Atem usw.).
Im phänomenologischen Sinn haben Gefühle in der Regel bestimmte Träger, die diese Gefühle „haben“, und sind durch jeweils spezielle dynamische Beziehungen zwischen diesen „Trägern“ und anderen Personen oder Sachverhalten in der phänomenalen Welt ausgezeichnet.
Fragt man also aus der erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Warte, was Gefühle sind, fragt man aus der phänomenologischen Warte nach dem Erleben der Gefühle. Man kann sich viel Verwirrung in diesen Fragen ersparen, wenn man auf diesen Unterschied achtet.
Im Gefühl ist in ganzheitlicher Weise prägnant, wer man gerade in welcher Welt ist und was sich daraus unmittelbar ergibt, welche Bedürfnisse und Ziele diese Welt gerade beherrschen und welche Kräfte in ihr wirken. Das Fördern des Gefühlserlebens ist in diesem Sinn Bestandteil von Klärungsprozessen, kein Selbstzweck. Das Fehlen klarer Gefühlserlebnisse zeigt kein „Persönlichkeitsdefizit“ an, sondern eine unklare Situation.
Gefühle im erkenntnistheoretischen Sinn werden als psychophysisches Geschehen verstanden, das Menschen (und nicht nur sie) sich auch untereinander anmerken können. Das Gefühlserleben wirkt daher oft auch hinaus in die physikalische Umwelt – und über diese vermittelt kann es auch in den phänomenalen Welten anderer Menschen erkennbar und wirksam werden.