Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.
Beide Seiten der vorigen Revision Vorhergehende Überarbeitung Nächste Überarbeitung | Vorhergehende Überarbeitung | ||
emotionszentrierter_ansatz [22.07.2021 14:21] stemberger |
emotionszentrierter_ansatz [12.03.2024 13:26] (aktuell) |
||
---|---|---|---|
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
====== Emotionszentrierter Ansatz; " | ====== Emotionszentrierter Ansatz; " | ||
+ | [EN: emotion-centered approach; " | ||
- | Im Gefühl ist in ganzheitlicher Weise prägnant, wer man gerade in welcher Welt ist und was sich daraus unmittelbar ergibt, welche Bedürfnisse und Ziele diese Welt gerade beherrschen und welche Kräfte in ihr wirken. Das Fördern des Gefühlserlebens ist in diesem Sinn Bestandteil | + | [Der Eintrag gibt auszugsweise den Beitrag |
- | + | ||
- | Gefühle im erkenntnistheoretischen Sinn werden als psychophysisches Geschehen verstanden, das Menschen (und nicht nur sie) sich auch untereinander anmerken können. Das Gefühlserleben wirkt daher oft auch hinaus in die physikalische Umwelt – und über diese vermittelt kann es auch in den phänomenalen Welten anderer Menschen erkennbar und wirksam | + | |
==== Zweierlei Rede von Gefühlen ==== | ==== Zweierlei Rede von Gefühlen ==== | ||
- | Über Gefühle kann in sehr unterschiedlicher Weise gesprochen werden und es ist wenig hilfreich, wenn diese verschiedenen Bedeutungen | + | Über Gefühle kann in sehr unterschiedlicher Weise gesprochen werden und es ist wenig hilfreich, wenn diese verschiedenen Bedeutungen durcheinandergebracht oder miteinander vermischt werden. |
* Man kann über Gefühle im erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Sinn sprechen – dann versucht man sich darüber klar zu werden, was Gefühle // | * Man kann über Gefühle im erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Sinn sprechen – dann versucht man sich darüber klar zu werden, was Gefühle // | ||
* oder man kann über Gefühle im phänomenologischen Sinn sprechen | * oder man kann über Gefühle im phänomenologischen Sinn sprechen | ||
- | **Im erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Sinn** sind Gefühle bestimmte [[bewusstsein|Bewusstseinszustände]], | + | **Im [[realismus_kritischer|erkenntnistheoretischen]] bzw. ontologischen Sinn** sind Gefühle bestimmte [[bewusstsein|Bewusstseinszustände]], |
- | **Im phänomenologischen Sinn** haben Gefühle in der Regel bestimmte Träger, die diese Gefühle „haben“, | + | **Im [[phaenomenologie|phänomenologischen]] Sinn** haben Gefühle in der Regel bestimmte Träger, die diese Gefühle „haben“, |
Fragt man also aus der erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Warte, was Gefühle //sind//, fragt man | Fragt man also aus der erkenntnistheoretischen bzw. ontologischen Warte, was Gefühle //sind//, fragt man | ||
- | aus der phänomenologischen Warte nach dem //Erleben// der Gefühle. Man kann sich viel Verwirrung in diesen Fragen ersparen, wenn man auf diesen Unterschied achtet. | + | aus der phänomenologischen Warte nach dem //Erleben// der Gefühle. Man kann sich viel Verwirrung in diesen Fragen ersparen, wenn man auf diesen Unterschied achtet |
+ | |||
+ | ==== Ganzheitliches Prägnanzgeschehen ==== | ||
+ | |||
+ | Im Gefühlserleben ist [[ganzheitlichkeit|in ganzheitlicher Weise]] prägnant, wer man gerade in welcher Welt ist und was sich daraus unmittelbar ergibt, welche Bedürfnisse und Ziele diese Welt gerade beherrschen und welche Kräfte in ihr wirken. Das Fördern des Gefühlserlebens ist in diesem Sinn Bestandteil von Klärungsprozessen, | ||
+ | |||
+ | Gefühle sind aus gestalttheoretischer Sicht jedenfalls nicht als bloß innerpersonales Geschehen, also als | ||
+ | Vorgänge „im Inneren“ einer Person anzusehen, sondern als [[feld_psychologisches|Feldgeschehen]] in dynamischer Wechselwirkung zwischen der erlebten Person und ihrer erlebten Umwelt. | ||
+ | |||
+ | Wenn zum Beispiel ein Mensch wütend ist, so hat sich nicht nur seine Person „in ihrem Inneren“ verändert, sondern er ist zu einem „Wut-Menschen“ in einer „Wut-Welt“ geworden, zu der er in einer „Wut-Beziehung“ steht. Die Welt polarisiert sich, Person und „Wut-Objekt“ werden zur Figur, alles andere versinkt im Hintergrund; | ||
+ | physiologische Erregungszustand steigert sich; Person und „Wut-Objekt“ verlieren alle Eigenschaften und Fähigkeiten, | ||
+ | |||
+ | Gefühle sind demnach ein ganzheitliches dynamisches Geschehen, das Vorgänge in der erlebten Person ebenso mit | ||
+ | einschließt wie Vorgänge in der erlebten Umwelt und in der Wechselbeziehung zwischen beiden. Die therapeutische Aufmerksamkeit darf also nicht nur auf den erlebten Gefühlszustand der Person gerichtet werden, sondern in gleichem Maß auf ihre erlebte Umwelt und die dynamische Wechselbeziehung mit ihr. | ||
+ | |||
+ | ==== Psychophysisches Geschehen ==== | ||
+ | |||
+ | Im erkenntnistheoretischen Sinn werden Gefühle zugleich als // | ||
+ | |||
+ | ==== Gefühle - Affekte - Emotionen ==== | ||
+ | |||
+ | Wir hören und lesen von " | ||
+ | |||
+ | Eine einheitliche Definition dieser Begriffe existiert in Literatur und Forschung nicht, aber wir können aus gestalttheoretischer Sicht sagen, wo wir einen sinnvollen Unterschied zwischen diesen Begriffen sehen. Vereinfacht gesagt, ist es der: | ||
+ | |||
+ | Mit dem Begriff der **Affekte** kann man sinnvoll die den Gefühlen entsprechenden Erregungs- und Spannungszustände ansprechen, deren Anzeichen jemand anderer an mir feststellt (das Zittern der Hände, das Feuchtwerden der Augen, die Anspannung der Kiefermuskulatur…), | ||
+ | |||
+ | Von **Gefühlen** hingegen sollte man sprechen, wenn es um Sachverhalte des eigenen Erlebens (oder des | ||
+ | Erlebens eines anderen) geht. | ||
+ | |||
+ | Der Begriff der **Emotion** liegt in gewisser Weise dazwischen: Er spricht im Wortsinn die // | ||
+ | an, die einen in bestimmten Gefühlszuständen erlebnismäßig ergreifen kann oder die darin als erlebte Bewegung in der erlebten Umwelt (zu jemandem oder etwas hin oder von jemandem oder etwas weg) angelegt sein kann – insofern wären wir also beim //Gefühl// (unter Hervorhebung des Bewegungsaspekts). Es kann sich aber auch um eine Bewegung handeln, | ||
+ | |||
+ | ==== Gefühlserleben und Gefühlsausdruck ==== | ||
+ | |||
+ | Ein Mensch kann klare Gefühlserlebnisse haben, zugleich aber gewohnheitsmäßig, | ||
+ | |||
+ | Davon zu unterscheiden ist die Situation, dass jemand // | ||
+ | |||
+ | Eine solche Abkapselung oder Abspaltung kann sich in nicht bewussten Anspannungen und sonstigen Veränderungen im Organismus manifestieren, | ||
+ | |||
+ | ==== Gefühl und Begegnung | ||
+ | In der zwischenmenschlichen Begegnung – beispielsweise auch in der Psychotherapie – kann das „Zeigen und Mitbekommen“ starker Gefühlserlebnisse bei den Beteiligten zu einer Intensivierung der Begegnung und einem intensiveren zwischen-menschlichen Austausch führen. Gerade weil Gefühle das Wesen – die Art, Färbung und Richtung | ||
+ | für das Verstehen und Sich-Verstanden-Fühlen zwischen Menschen wichtig. | ||
+ | |||
+ | Es gibt aber auch Situationen, | ||
+ | |||
+ | ==== Siehe auch: ==== | ||
+ | |||
+ | * [[ganzheitlichkeit|Ganzheitlichkeit]] | ||
+ | * [[topdown|Vorgehen "von oben nach unten" | ||
==== Literatur: ==== | ==== Literatur: ==== | ||
* Stemberger, Gerhard & Katharina Sternek (2019): [[https:// | * Stemberger, Gerhard & Katharina Sternek (2019): [[https:// | ||
+ | * Tholey, Paul (2018): Zur Gestalttheorie von Sport, Klartraum und Bewusstsein. Ausgewählte Arbeiten, herausgegeben und eingeleitet von Gerhard Stemberger. Wien: Krammer [284 Seiten, Buchpreis 36,00 € -> [[mailto: | ||
+ | |||
+ | ---- | ||
+ | |||
+ | <WRAP center round box 75%> | ||
+ | {{: | ||
+ | |||
+ | |||
+ | **Paul Tholey: | ||
+ | |||
+ | **Gestalttheorie von Sport, Klartraum und Bewusstsein. | ||
+ | |||
+ | Ausgewählte Arbeiten, hrsg. und eingeleitet von Gerhard Stemberger** | ||
+ | |||
+ | Wien: Verlag Wolfgang Krammer | ||
+ | |||
+ | ISBN 978 3 901811 76 0 | 310 Seiten | Preis 36,00 Euro | ||
+ | |||
+ | [[mailto: | ||
+ | |||
+ | -> [[https:// | ||
+ | </ | ||
+ | |||